Windstill

Eine Gruppe sich zuvor unbekannter Menschen verbringt Ferien in einem alten, halb verfallenen Schloss in Südfrankreich. Erwachsene, Kinder, der Künstler Pierre, dem das Schloss gehört und ein junger Bursche kochen zusammen und genießen die Wärme des Sommers. Aber der Roman beginnt nicht mit der Schilderung dieser Idylle, sondern mit dem plötzlichen Tod Maries, die ausgleitet, mit dem Kopf aufschlägt und sofort tot ist.

Was passiert mit den Menschenn, die einen solch abrupten Verlust des Lebens miterleben müssen? Darum geht es in diesem großartigen, feinsinnigen Roman, der in Skizzen und die Zeiten wechselnd die innere Bewegung abbildet, die in allen Anwesenden entsteht. Bis auf Franz, er ist der Partner von Marie, sind ja alle Erwachsenen nur Mit-Urlaubende, die vor diesem Zusammentreffen keine Verbindung zu ihr hatten. Dennoch bewirkt das schreckliche Ereignis in jedem und jeder Einzelnen etwas, das nur mit ihr oder ihm selbst zu tun hat. Allein die Kinder finden einen eigenen, fast unbeschwerten Weg des Umgangs, erst später zeigt sich, was ihnen in diesem Urlaub widerfahren ist.

Der Roman ist keine im engen Sinne traurige Lektüre, er vermittelt zwischen dem paradiesischen Leben und dem plötzlichen Ende und folgt den Figuren unaufdringlich und zart, genau beobachtend. Natürlich sind die Schicksale berührend, dazu ist der Text viel zu gut geschrieben, um einer inneren Bewegtheit zu entgehen. Gleichzeitig ist die Hitze des Sommers, das wunderbar leichte Leben, das diese Jahreszeit bringen kann, fühlbar und verbindet sich mit dem Geschehen zu einer Mischung, die das Leben in seiner Vielfalt fast beispielhaft abbildet.
Ein wirklich schöner kurzer Debütroman, der mit starken Bildern eine Szenerie erschafft, der sich die Lesende nur schwer entziehen kann.

Ilia Vasella, Windstill. Dörlemann Verlag, Zürich 2021. 22 Euro