Trennungsschmerz

Lang brauchte ich, um mit diesem Roman zu beginnen. Wer liest schon gerne die Dramen einer Trennung. Aber mein Mut wurde belohnt: ein spannender Roman, der entlang der Tage bis zur endgültigen Trennung die Zwiespältigkeit und das Hin-und-Her beschreibt, das für die Phase vor dem Ende einer langjährigen Beziehung bezeichnend sein kann.

Thomas und Eva, beide Anfang dreißig und seit acht Jahren ein Paar, treffen nach zwei Jahren, die Eva beruflich in Paris verbracht hat, in Berlin in ihrer Wohnung wieder aufeinander. Thomas zweifelt und ist sich nicht mehr sicher, ob er mit Eva den Rest seines Lebens verbringen möchte. Eva spürt die Unentschlossenheit Thomas` und weiß nicht, wie sie sich verhalten soll. Ganz großartig spürt die Autorin den kleinen, fast unsichtbaren Brüchen und Irritationen nach, die beide fühlen und doch nicht aussprechen können. Sie kennen sich zu gut und gleichzeitig fehlen die Bereitschaft und der Mut sich im Reden wieder neu wahrzunehmen und anzunähern. Nach der Trennung, die sehr unglücklich verläuft, leidet vor allem Eva, während Thomas sich wie befreit fühlt. Zwar hat er ein schlechtes Gewissen, aber dennoch freut er sich an seiner Freiheit und an der Abwesenheit der vielen Zwänge, die er zunehmend in der Beziehung erlebt hat. Spannend ist der Roman, es hat mich gezogen, die Beiden weiter zu begleiten. Thomas entpuppt sich immer mehr als entscheidungsunfreudiger, eigentlich jeden Aufwand scheuender Mensch. Eva hingegen plant und kommt entsprechend auch beruflich weiter, während Thomas als Arzt noch nicht das Gefühl hat, seine Berufung gefunden zu haben. Das, was anfangs toll war an Eva, wird für Thomas zunehmend zum Trenungsgrund. Diese Entwicklung schildert die Autorin beeindruckend präzise und nachvollziehbar.

Also, es lohnt sich sehr, dieses Buch zu lesen.

Anna Brüggemann, Trennungsroman, Ullstein, 20 Euro