Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2023: „Birobidschan“ von Tomer Dotan-Dreyfus

Ein höchst ungewöhnlicher, witziger und warmherzig-listiger Roman ist „Birobidschan“ von Tomer Dotan-Dreyfus. ich bin überrascht, dass der Roman es auf die Liste der Nominierten geschafft hat und halte es für nicht ausgeschlossen, dass „Birobidschan“ wenigstens in die engere Wahl kommt.

Dotan-Dreyfus schreibt über die Oblast Birobidschan, die Stalin als autonome jüdische Region an der Grenze zu China errichten ließ. Nun bleibt er nicht bei dem historischen Schicksal des Gebietes, das die meisten Juden in den 1940er Jahren wieder verließen, sondern er ersinnt eine Utopie im besten Sinne. Die Idee ist eine „jüdisch-bundistische“ Republik, eine Republik, die den „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ lebt. Etliche Familien werden beschrieben, deren Leben aus den Fugen gerät, als ein Bär auftaucht und später auch noch zwei Leichen. Mit viel Witz und magischem Realismus erzählt Dotan-Dreyfus diese Geschichte, die so mitreissend und witzig ist, dass es traurig ist, das so ein Buch zuende geht.

Tomer Dotan-Dreyfus „Birobidschan“ Voland und Quist, 24 Euro

Hier noch einmal der Klappentext:

Sibirien, 1908. Ein Knall erschüttert den sibirischen Wald Tunguska. Zwei Jahrzehnte später plant Stalin eine jüdisch-sozialistische Autonomie an der Grenze zu China: Birobidschan. Was als stalinistisches Experiment der 1930er Jahre scheitert, wird in Tomer Dotan-Dreyfus‘ Debütroman zum Dreh- und Angelpunkt einer funkensprühenden Geschichte: Da sind Alex und Rachel, verliebt seit Kindertagen. Boris Klayn, Fischer und Ur-Birobidschaner. Gregory und Sascha, enge Freunde, einer hat Depressionen, der andere nimmt ihn mit auf einen Roadtrip gen Tunguska. Dmitrij, der Angst vor Wölfen hat. Das Leben in Birobidschan geht seinen Gang, die kleinen und großen Sorgen der Bewohner drehen sich fern allen Weltgeschehens – bis sich die Ereignisse überschlagen: Zwei fremde Männer und ein stummes Mädchen bringen die idyllische Gemeinschaft zum Bersten.