Er ist da: der neue Roman von Lisa Quentin „Eine gute Ehe“

Endlich kann ich den neuen Roman von Lisa Quentin besprechen, denn heute traf er bei uns ein: „Eine gute Ehe“. Das Vorgängerbuch von Lisa Quentin „Ein völlig anderes Leben“ erzählt in einem packenden Roman von Zwangsadoptionen in der ehemaligen DDR.
Das neue Buch geht ebenfalls zurück in der Geschichte und erzählt von einem ganz normalen Eheleben in den 1950er und 1960er Jahren. Dafür wählt die Autorin eine Hauptfigur, die durch ein Fluchtschicksal eine besondere Vorgeschichte mitbringt, die nicht wenig mit ihrer späteren Duldsamkeit und Unterordnungsbereitschaft zu tun hat. Margarete, damals noch die kleine Anikó, verliert ihre ungarische Heimat und ihre Zugehörigkeit und muss in der damaligen BRD ganz neu anfangen und ein Zuhause finden.
1960 ist sie Studentin und, das steht für alle fest, „wird Lehrerin“. Dann lernt sie Lenz kennen, einen 10 Jahre älteren Arzt, und wird ungewollt schwanger. Lenz zeigt sich zunächst als sympathischer und zuverlässiger Mann, der ihr alle Freiheiten lässt und gleichzeitig weiß, was er will und seine Ziele verfolgt. Margarete ist sich sicher, dass er sie unterstützen wird und anfangs klappt das auch. Aber natürlich zu den Bedingungen der damaligen Gesellschaft: Margarete gibt ihr Studium auf, Lenz macht Karriere. Margarete erlernt haushaltliche Fähigkeiten, bekommt bald das zweite Kind und erwartete Lenz am Abend mit einem leckeren Essen. Immer mehr jedoch hadert sie mit ihrem Schicksal und empfindet sich selbst als ungenügend in ihrer Mutterrolle und als Partnerin für Lenz. Lenz seinerseits hat Affären, was auch Margarete irgendwann nicht mehr verdrängen kann.
Der gesellschaftliche Hintergrund, vor dem diese Geschichte spielt, leuchtet stets hindurch und die beiden Eheleute zeigen zwar ein Bewusstsein für gesellschaftliche Veränderungen, sind aber doch außerstande, ihr Leben anders zu führen. Lenz gehört zu der Generation der Kriegstraumatisierten und ist nicht in der Lage, sich und seine Gefühle zu artikulieren, sondern sonnt sich in der Zuwendung anderer, die er durch seine lockere, weltgewandte Art schnell erringt. Margarete hat mit ihrem Vertriebenenschicksal zu kämpfen – erst ein absoluter Bruch Margaretes mit allem führt letztlich zu Entwicklung.
Die beiden Protagonisten wachsen im Laufe des Buches ans Herz und gerade Margaretes Kampf um Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist sehr gut dargestellt und nachvollziehbar. Dass daneben auch noch ein Vetriebenenschicksal mit hineinspielt, macht das Buch facettenreich und spannend.

Wir haben Lisa Quentin für eine Lesung gewinnen können, am 5. Juni liest sie im Zöllnerhaus am Burgtor. Karten im Vorverkauf bei uns.

Lisa Quentin „Eine gute Ehe“, Goldmann Verlag, 22 Euro