Charlotte McConaghy, Wo die Wölfe sind

Charlotte McConaghy kennen sicherlich einige von Ihrem Buch „Zugvögel“, in dem die Autorin ökologische Fragen mit einer Liebesgeschichte verwebt – ein sehr gelungenes Buch mit düsterem Hintergrund.
Das neue Buch „Wo die Wölfe sind“ kommt ohne den dystopischen Charakter aus und ich finde es insgesamt noch gelungener!

Der Roman spielt im schottischen Hochland, wo Inti Flynn gemeinsam mit Kollegen die Wölfe wieder ansiedeln will. Sie überführen mehrere Rudel aus Kanada an verschiedene Stellen des wilden Gebietes in der Hoffnung, dass diese sich dort wohlfühlen und artgerecht leben können. Der Hintergrund ist, dass die Wälder verschwinden, wenn das Rotwild als Pflanzenfresser ohne natürliche Feinde lebt und dadurch auch nicht mehr wandert. Dies führt dazu, dass kein neuer Wald entstehen kann, da Schößlinge durch ein solches ortsgebundenes Rotwild vollkommen vernichtet werden. Wölfe dagegen sorgen dafür, dass das Wild sich bewegt und flüchtet, so dass an keiner Stelle eine Überbeanspruchung der Vegetation stattfindet.
So weit so klar: natürlich ist es aber so, dass die orstansässigen Bauern Wölfe wegen möglicher Schäden für die Schafherden fürchten und dementsprechend Angst in der Bevölkerung säen, die alten Mythen vom für Menschen gefährlichen Wolf zum Leben erwecken.
Und tatsächlich wird einer der Hauptfeinde der Wölfe, der brutale Frauenschläger Stuart, wie vom Wolf gerissen von Inti aufgefunden. Sie verscharrt die Leiche, um ihr Projekt nicht zu gefährden. Ein Katze-und Maus-Spiel mit dem örtlichen Ermittler und Liebhaber Inits, Duncan, beginnnt.

Der Roman ist durch die Verschränkung vieler verschiedener Erzählstränge durchgehend spannend. Intis Sorge um die Wolfsansiedlung überträgt sich und auch die Wölfe wachsen ans Herz. Bis fast zum Ende des Romans bleibt offen, wer Stuart umgebracht hat und dies ist sehr geschickt mit den verwickelten Beziehungen innerhalb der Dorfgemeinschaft verstrickt. Auch die persönliche Geschichte Intis spielt mit hinein, sie hat nämlich eine Zwillingsschwester, Aggie, die dort im Hochland mit ihr lebt, aber nicht spricht. McConaghy erzählt die Vorgeschichte, vor allem auch die Kindheit der Zwillinge und der Grund für das Schweigen Aggies klärt sich. All diese Stränge sind schlüssig miteinander verwoben, jeder Teil trägt zum Verständnis der Personen und ihrer jeweiligen Beweggründe bei. Das Buch ist ein wirklicher Pageturner, der mich sehr fasziniert und gepackt hat.

Charlotte McConaghy, Wo die Wölfe sind, Fischer Verlag, 22 Euro