Wie sich Fremdheit anfühlt: Dilek Güngör, Ich bin Özlem

Dilek Güngör hat einen schmalen beeindruckenden Roman geschrieben, in dessen Mittelpunkt Özlem steht. Eine in Deutschland aufgewachsene Frau, deren Eltern aus der Türkei kommen. Özlem ist mit Philipp verheiratet und lebt ein ganz normales Leben in einer Stadt in Deutschland, wie so viele andere auch. Dennoch stellt Özlem an sich selbst fest, wie sehr sie, ohne dazu aufgefordert zu werden, Klischeezuschreibungen bedient. Sie kocht immer und gern für viele, gibt ohne Not die Auskunft, dass ihre Eltern aus der Türkei kommen und führt eine Eskalation mit ihren Freunden herbei, in dessen Verlauf sie Rassismus unterstellt, wo vielleicht keiner ist. Özlem steht sich selbst im Wege, so erscheint es beim Lesen, und manchmal hätte ich ihr gerne zugerufen, dass sie sich da jetzt aber gerade vertut in ihrer Wahrnehmung der Situation. Darin liegt meiner Meinung nach die Stärke dieses Romans, dass er die Zerrissenheit der Hauptfigur anhand der Handlungen und Dialoge spürbar herausarbeitet.

Dieser Roman verdeutlicht, wie schwer es ist, den Zuschreibungen zu entkommen, denen Menschen in Deutschland ausgesetzt sind, die äußerlich nicht haargenau dem entsprechen, was eine Deutsche /einen Deutschen auszeichnen muss. Wie behauptet man sich in einer Gesellschaft, die Menschen immer noch nach der „wahren“ Herkunft einsortiert, in denen Fragen von Identität und Zugehörigkeit eine so große Rolle spielen.

Daneben liest der Roman sich einfach gut und wartet durchaus auch mit Momenten auf, in denen schallendes Lachen provoziert wird, das auch ein bisschen im Halse stecken bleibt.