Julia Schoch lässt eine Ich-Erzählerin von ihrer Liebesbeziehung berichten, die in den Neunzigern irgendwo im Osten ihren Anfang nimmt. Beginnend mit dem Satz
„Im Grunde ist es ganz einfach: Ich verlasse dich.“ erschafft sie das Portrait einer großen Liebe, die im Alltag Federn lässt. Spannend dabei ist, dass der Roman aus vielen kleinen Szenen besteht, die sich zusammenfügen zu dem, was manche kennen mögen: die Verwandlung der Liebe in etwas, das wirkt wie „ohne Liebe“, also ist die Trennung irgendwie logisch.
Sprachlich beeindruckt das Buch dadurch, dass die einzelnen Sätze so messerscharf herauszuarbeiten vermögen, worum es gerade geht, ob um Zuwendung, Alltag oder die je eigene Verwandlung von Mann und Frau im Verlaufe der 30 Jahre. Dabei werden kaum einzelne Begebenheiten herausgestellt, sondern mehr die Auswirkungen eines ganz „normalen“ Lebens, das man so führt mit Kind, Hausstand und den jeweiligen Jobs. Die Entwicklung der Ich-Erzählerin in diesem Setting spielt dabei naturgemäß die Hauptrolle- ich fand es aber auch sehr interessant, mir die Perspektive des Mannes dazuzudenken.
Das Buch gehört zu den sogenannten „autofiktionalen“ Romanen, wie sie beispielsweise auch Annie Ernaux schreibt. Da Julia Schoch als Deutsche schreibt, sind allerdings viel mehr Anknüpfungspunkte erkennbar, was das Buch für mich noch interessanter macht.
Diesem Buch voraus ging der Roman „Das Vorkommnis“, der als Anfang einer Trilogie gilt. „Das Liebespaar des Jahrhunderts“ ist also der zweite Teil, ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Julia Schoch, Das Liebespaar des Jahrhunderts, dtv, 22 Euro