„Bergland“, der erfolgreiche Roman von Jarka Kubsova erzählt die bewegende Geschichte einer Bergbauernfamilie in den Alpen über drei Generationen verknüpft mit dem Schicksal einer heutigen Frau auf eben diesem Hof.
Der neue Roman greift die Konstruktion früher – heute erneut auf und stellt die zweifache Mutter Britta in Bezug zur im 16. Jahrhundert als Hexe verbrannten Abelke Bleken.
Britta ist mit Mann und zwei Kindern aus Hamburg in das ersehnte Haus in den Marschlanden gezogen und hat es schwer, sich dort einzufinden. Philipp, ihr Mann, ist den ganzen Tag in Hamburg in seinem Job und ansonsten glücklich mit dem neuen Leben auf dem Land. Allerdings bleibt er im direkten häuslichen Umfeld und unternimmt keinerlei Versuche, sich mit den Alteingesessenen zu verbinden. Ganz anders Britta, die einen kleinen Remote-Job ausübt und sehr deutlich spürt, dass die Marschlande ihr etwas zu sagen haben. Sie beginnt, die Geschichte der Abelke Bleken zu recherchieren. Der zweite Strang des Romans ist die Erzählung des bäuerlichen Lebens in den Elb – Marschlanden im 16. Jahrhundert und speziell des Lebens von Abelke, die alleine ein großes Hufnerbauernhaus bewirtschaftet. Sehr detailliert webt Kubsova hier die Details der damaligen Bauernordnung speziell hier an der Elbe in den Roman ein, das ist hochspannend und erzählerisch geschickt eingebaut. Die Tatsache nämlich, dass die Hufnerhäuser im Eigentum der dort lebenden Bauern und eben auch Bäuerinnen lag, ist wesentlich für das Schicksal, das Abelke nach der großen Flut 1570 ereilt. Sie ist laut Deichordnung verantwortlich für die Reparatur des Deiches vor ihrem Haus, kann dieses aber ohne Hilfe nicht schaffen. Der Vogt stellt ihr widrig keine Hilfkräfte zur Seite, die mutwillige Zerstörung des bereits Hergestellten kommt noch dazu und so verliert Abelke ihren Hof, weil sie ihren Deichpflichten nicht nachgekommen ist. Schreiende Ungerechtigkeit.
Parallel dazu gerät Brittas Ehe immer mehr in Schieflage.
Sehr stark fand ich die Geschichte Abelkes, bewegend, informativ und höchst spannend. Ein echter Pageturen an vielen Stellen und empörend zu lesen, wie eine unbescholtene, freie Frau aus ihrem Leben gerissen wird.
Im Nachwort verknüpft Jarka Kubsova noch einmal in aller Deutlichkeit das heutige Leben der Frauen in unserer Gesellschaft mit der historischen Entwicklung des Kapitalismus und der Entmächtigung weiblichen Lebens. Das ist als Ergänzung ganz wunderbar und lässt den Roman noch einmal ganz anders nachklingen.
Jarka Kubsova, Marschlande, Fischer Verlag, 24 Euro