So gerne ich Bücher lese, die als Neuauflage wieder auf den Markt kommen, oder, wie „Hintergrund für Liebe“ von Helen Wolff, vor beinahe hundert Jahren geschrieben, erst jetzt überhaupt erscheinen – so wichtig und spannend ist es, Bücher von jungen Autorinnen und Autoren zu lesen.
In „Taubenleben“ geht es um die sogenannte Generation Y, also diejenigen Menschen, die zwischen Mitte der Achtziger und Ende der Neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts geboren wurden. Dieser Generation wird nachgesagt, sie sei doch recht selbstbespiegelnd unterwegs, postmaterialistisch und sinnsuchend. Nun ja, die Protagonistin Lois verkörpert genau dieses : auf der Suche nach einem Sinn im Leben, den sie scheinbar in wechselnden, unverbindlichen Liebesgeschichten findet, analysierend, was genau ihre Kindheit ihr an Schäden zugefügt hat, erzählt sie in Episoden von einem Zeitraum, in dem sie auf ein Ergebnis wartet. Das Ergebnis eines HIV-Tests, zu dem sie sich genötigt sah nach einem One-Night-Stand.
Das Buch, die Sprache und die Inhalte darin, spiegeln genau die Unverbindlichkeit und Leere wider, die Lois offensichtlich empfindet – allem gegenüber fehlt das wirkliche Gefühl, die Verbindung, Empathie. Nur nicht in der alles beherrschenden Angst, die Lois dazu bringt, sich selbst in einer Klarheit zu sehen, die ihr bislang verwehrt blieb. Die Tage der Angst sind also auch die Tage, in denen Lois „erwachsen“ wird, mit 30 Jahren ein Erwachsensein erlangt, das womöglich herausführt aus der Leere wechselnder Beziehungen, auf die sie sich nie so ganz einlassen mag. In dieser Kombination finde ich das Buch gelungen, es liest sich sehr schnell, entfaltet fast einen Sog, weil man wissen will, wie es denn nun weitergeht. Die Taube ist übrigens das Symbol für die Angst vor der eigenen Unwichtigkeit.
Ich war durchaus bereichert nach der Lektüre, weil ich den Eindruck hatte, etwas erfahren zu haben und nachfühlen zu können, was ich zuvor nicht kannte.
Die Autorin Paulina Czienskowski ist freie Journalistin und wurde bereits für Ihre Arbeiten ausgezeichnet. „Taubenleben“ ist ihr erster Roman.
Blumenbar, 20 Euro