Dieses Buch lege ich sehr ans Herz: Janina Hecht lässt ein junges Mädchen, Teresa, sprechen, das in kurzen Sequenzen aus seiner Kindheit mit Vater, Mutter, Bruder erzählt. Diese ist überschattet von den Gewaltausbrüchen des Vaters, der gleichzeitig ein Vater ist, der seinen Kindern viele erinnerungswürdige und schöne Kindheitsmomente beschert. Dieser Zwiespalt beherrscht das Geschehen und die emotionale Verfasstheit der Kinder.
In knappster Sprache und ohne beschreibende Adjektive lässt die Autorin die bedrückende Atmosphäre erfahrbar werden, in der Teresa aufwächst. Mit ungefähr sechzehn wohnt sie kurze Zeit bei ihrem guten Freund Moritz in dessen Familie. Hier erlebt sie erstmals eine andere Familiensituation. Sie beobachtet die morgendliche Routine der Friesens und endet mit dem Satz:
„Dieses eigenartige Befremden, das sich bis heute in mir ausbreitet, wenn ich eine Familie besuche, die sich so verhält. Wenn niemand im Zentrum steht und alle mit sich selbst beschäftigt sein dürfen.“
Die Leserin weiß sofort, was gemeint ist und ahnt die lebenslange Prägung. Trotzdem zeigt der Roman, dass aus einer solchen Situation, in der Kinder immer erstmal Opfer sind, auch gesund lebende Erwachsene hervorgehen können. Teresa zeigt eine ausgeprägte Resilienz und damit die Fähigkeit, sich abzugrenzen, sobald sie dazu altersmäßig in der Lage ist. Sprachlich zeigt sich das in immer länger werdenden Abschnitten, die weniger gehetzt durch die Notwendigkeit der ständigen Beobachtung des Vaters wirken. Teresa kann uns von sich erzählen und sich die Zeit dazu nehmen, die es braucht. Der Vater rückt in den Hintergrund, was mit dem Moment einsetzt, in dem die Mutter mit den Kindern auszieht aus dem gemeinsamen Haushalt.
Das Buch ist hart, aber auch tröstlich zugleich und ganz großartig geschrieben.
Janina Hecht, In diesen Sommern, C.H. Beck 20 Euro