Liebevoll und zärtlich erzählt Kristina Gorcheva-Newberry in ihrem Debütroman vom Ende der Sowjetunion. Anja und Milka wachsen in den 1980/90er Jahren in Moskau in unterschiedlichen sozialen Milieus auf. Eine starke Freundschaft verbindet die beiden, das leichte Leben auf der Datscha im Sommer erleben sie gemeinsam und auch die harten Winter und die relative Armut in diesem Moskauer Vorort. Dennoch: ihre Kindheit und Jugend leuchtet aus diesem Roman in seiner ganzen Unbefangenheit, vor allem dadurch wird der Blick auf das Leben am Ende der Sowjetära geschärft. Das Sich-Arrangieren mit dem wenigen Gegebenen und die Freude am Vorhandenen, den süßen, einzigartigen Äpfeln des Datscha-Grundstücks, den goldenen Sommern, prägen diesen Roman ebenso wie die Widrigkeiten, die sich im Übergang von der Kindheit zur Jugend den Mädchen in den Weg stellen. Sie bewältigen alles gemeinsam und dennoch bleibt ein Geheimnis, das sich den Lesenden früh andeutet, das Anja aber erst spät erfasst.
Die Erwachsenen sind Statisten, über die eine politische Ebene in den Roman einzieht, die verdeutlicht, wo und in welcher Zeit wir uns befinden.
Grandios, dieser erste Teil – im zweiten Teil befindet sich Anja bereits in New York und besucht im Jahre 2007 ihre alte Heimat. Dieser Teil ist nicht ganz so dicht gewebt, aber dennnoch notwendig, um Anjas Kindheit umso mehr strahlen zu lassen.
Ein großartiger Roman, den ich sehr empfehle, auch und gerade in dieser Zeit.
Kristina Gorcheva-Newberry, Das Leben vor uns, Aus dem Englischen von Claudia Wenner, Beck Verlag,
25 Euro