Ein verhinderter Roadtrip – Amor Towles neuer Roman „Lincoln Highway“

Herrlich: Amerika in den Fünfzigern, erzählt am Beispiel von Emmett und Billy, zweier Brüder. Emmett kommt aus einer Jugenderziehungsanstalt zurück auf den Hof des Vaters, wo auch sein kleinerer, hochintelligenter Bruder Billy auf ihn wartet. Emmett hat versehentlich einen jungen Mann getötet, der nach einem Faustschlag Emmetts unglücklich gefallen war. Eigentlich ist Emmett ein moralisch integrer und freundlicher 18-jähriger. Sein Vater ist in seiner Abwesenheit verstorben, der Hof ist hochverschuldet an die Bank gefallen. Die Mutter der beiden Brüder ist schon vor längerer Zeit gegangen. Billy meint, anhand aufgefundener Postkarten zu wissen, dass sie in Kalifornien lebt. Und genau dahin wollen die Beiden mit Emmetts Studebaker fahren.
Verhindert wird dieses Unterfangen durch Woolly und Duchess, zweier Mitinsassen Emmetts, die sich aus der Anstalt davongestohlen haben und nun Emmetts Auto entwenden, um in New York etwas Wichtiges zu erledigen. Danach soll Emmett das Auto natürlich wieder bekommen. Und genau dieses Vorhaben kennzeichnet die Grundstimmung dieses wunderbaren Romans: die Protagonisten machen Dinge, die nicht ok sind und dennoch sind sie alle irgendwie total liebenswert und gutherzig charakterisiert. Der Autor liebt seine Figuren und als Leserin liebt man diesen Roman. Emmett und Billy können also nicht nach Kalifornien fahren, sondern müssen sich per Zug auf den entgegengesetzten Weg machen, nach New York eben. Sie lernen Menschen kennen, die sich um sie bemühen, sie erhalten Hilfe und lernen ein Leben kennen, das sie so noch nicht kannten. Billy liebt ein Buch, in dem es um die griechische Mythologie geht und genau so sind die beiden unterwegs: wie Odysseus, der auf dem Weg ist und Abenteuer bestehen muss.
Große Schmöker-Empfehlung.
Amor Towles, Lincoln Highway, aus dem Englischen von Susanne Höbel, Hanser Verlag, 26 Euro