Noch mal Norwegen: „Das Eis-Schloss“ von Tarjei Vesaas

Eine Entdeckung ist dieser neu aufgelegte Roman eines norwegischen Autors, der bereits 1970 verstorben ist. Tarjei Vesaas, 1897 geboren, war der älteste Sohn einer Bauernfamilie in der norwegischen Telemark, der seine Romane in Nynorsk schrieb. Nynorsk beruht auf den westnorwegischen Dialekten und ist nicht das offiziell verwendete Buch-Norwegisch.

Vesaas schrieb Gedichte, Dramen, Kurzprosa und Romane, mehrmals wurde er für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen. Für das „Eis-Schloss“ erhielt er 1964 den Preis des Nordischen Rates, den wichtigsten Literaturpreis Skandinaviens.

Der Guggolz -Verlag nun hat den Roman, übersetzt von Hinrich Schmidt-Henkel, in einer sehr schönen Ausgabe herausgebracht und ich kann nur sagen: unbedingt lesen!

Erzählt wird die Geschichte der beiden elfjährigen Mädchen Siss und Unn. Gerade, als die beiden sich anfreunden wollen, verschwindet Unn und Siss bleibt zurück mit dem Wissen, dass Unn ihr etwas Wichtiges hat sagen wollen. Etwas Grauenhaftes, dass Unn nun mit sich genommen hat, denn sie taucht nicht wieder auf.

Die Handlung ereignet sich in einem einzigen eiskalten Winter und das Eis-Schloss, das am Wasserfall jeden Winter entsteht, spielt die zentrale Rolle. Das Buch beindruckt durch eine sehr verknappte und eigenwillige Sprache, die scheinbar genau die Wortkargheit derjenigen Menschen, die im Norden leben, widerspiegelt. Gleichzeitig sind die Menschen in diesem Dorf und die Schülerinnen und Schüler in der Schule von Siss so liebenswerte und fürsorgliche Charaktere, dass es beim Lesen rührt. Vor allem vor dem Hintergrund der plastisch geschilderten Kälte wärmt der menschliche Zusammenhalt, so knapp er auch geschildert wird, umso mehr.

Trotz oder vielleicht sogar wegen der kargen Sprache ist das Buch außerordentlich spannend und entwickelt eine Dynamik, die das Weiterlesen erzwingt. Auch dieses Buch also: große Lesempfehlung!