Lisa Quentin ist eine Lübecker Autorin, auf deren Debütroman ich durch eine Kundin aufmerksam wurde.
Und es hat sich gelohnt.
Quentin erzählt die Geschichte der 32-jährigen Jule, die viel in einer Werbeagentur arbeitet und sich die einsamen Abende mit Alkohol und wechselnden Bekanntschaften um die Ohren schlägt. Sie kümmert sich sehr um ihre Mutter Anke, eine unter Depressionen leidende, nun krebskranke Frau, die Jule schon früh hat erwachsen werden lassen. Anke stirbt bald und Jule bricht zusammen – dann entdeckt sie in der Hinterlassenschaft Unterlagen, die ihr Leben vollkommen durcheinander bringen.
Neben der Geschichte von Jule erzählt abwechselnd auch eine Stimme, die anfangs nicht zuzuordnen ist, deren Bericht aber ebenfalls sehr spannend ist.
Ich will hier nicht spoilern, aber doch soviel sagen, dass das Buch ganz anders ist, als es das Titelblatt annehmen lässt. Es geht um jüngere deutsche Geschichte, auch die Flucht nach dem 2. Weltkrieg spielt eine Rolle, bleibt aber eher im Hintergrund wirksam. Jules Geschichte, ihr Leiden und ihre Zerrissenheit zwischen Wissen und Nicht-wissen-Wollen sind plastisch und sprachlich sehr gut beschrieben. Quentin hat viel recherchiert, der Roman basiert auf einer wahren Geschichte und es finden sich auch viele fast dokumentarische Stellen im Buch. Das Nachwort, das sollte wirklich erst am Ende gelesen werden, ist ein I-Tüpfelchen dieses sehr lesenswerten Schmökers – ja, das Buch ist auch ein Schmöker, in den herrlich einzutauchen ist durch den guten Schreibstils Quentins.
Lisa Quentin, Ein völlig anderes Leben, Goldmann Verlag, 20 Euro