Seit einigen Tagen begleitet mich ein ganz besonderes Buch: Laura Freudenthalers „Geistergeschichte“ aus dem österreichischen Droschl-Verlag.
Die Hauptfigur Anne, eine Französin, die seit 20 Jahren in Österreich mit Thomas lebt, beginnt ein Freijahr. In diesem Jahr geht sie, die Pianistin und Klavierlehrerin, nicht ins Konservatorium, sondern nimmt sich vor, ein Buch zu schreiben und das eigene Klavierspiel wieder aufzunehmen. Sie meint, Thomas habe eine Affäre und sammelt dafür akribisch Belege, die sie seinen Hosentaschen entnimmt, in denen er, der Sammler von Kassenbelegen, diese verwahrt. Nach und nach begibt sich Anne in einen Zustand zwischen Realität und Traumwelt und auch ich als Leserin kann bald nicht mehr unterscheiden, was stimmt und was Anne wie im Traum wahrnimmt.
Das Beeindruckende ist, wie Laura Freudenthaler sprachlich den Übergang von Realität zu Traum verwischt. Erst nach einer ganzen Weile habe ich ungefähr den Zeitpunkt herausgefunden, an dem Anne in eine andere Welt entgleitet. Das Mädchen, so nennt sie die angebliche Freundin von Thomas, erscheint ihr bald sogar als Wesen in der eigenen Wohnung. Gleichzeitig befinden wir uns dann aber in einem Restaurant, das Thomas mit dem Mädchen besucht und genau an dieser Stelle wird das Geisterhafte besonders deutlich.
Ein hochspannender, sehr gut zu lesender Roman, der, wie die nachfolgende Rezension von Ursula März im Deutschlandfunk richtig bemerkt, herausragt aus den Neuerscheinungen und sich dem widmet, was Literatur kann: dem Phantastischen, dem Imaginären, das sich nicht der Realität unterordnen muss. Dabei engleitet mir als Leserin jedoch nicht der rote Faden, ich kann der sich entwickelnden Geschichte folgen, deshalb finde ich das Buch wirklich gut.