Der neue Roman von Peter Stamm hat mich sehr positiv überrascht. Ich habe fast alles von ihm gelesen und immer die leichte Verschrobenheit seiner Charaktere gemocht und die unaufdringliche, eher sachliche Art des Erzählstils genossen. Hier kommt auch noch Witz hinzu.
In diesem Roman geht es um die Ich-Erzählerin, die Dokumentarfilmerin Andrea, und um einen Autoren, der einen Roman schreibt und sich von einem Filmteam bei der Entstehung des Buches begleiten lassen will. Andrea möchte mit dem Film endlich als Filmemacherin ernst genommen werden. Nun denn, Wechsler, so der Name des Autoren, ist ein schwieriger Partner für dieses Unterfangen und bald erscheint er auch einfach nicht mehr, so dass Andrea das Projekt abbrechen muss. Jahre später ist sie aber immer noch mit der Sache beschäftigt, hat vieles zu Wechsler recherchiert, das dieser nicht hat preisgeben wollen. Sie ergründet dabei nicht nur den Autoren, sondern gleichzeitig auch das Leben an sich, die Kunst und die Liebe.
Wesentlich ist, dass Stamm selbst sich von einem Filmteam begleiten ließ, das Buch ist also gleichzeitig ein Abbild der Realität, eine Art Spiegelkabinett. Wechsler ist Stamm ähnlich und dieser spielt im Film ja den Autoren. Durch die Konstruktion des Buches zitiert Stamm das Genre des autofiktionalen Romans und nimmt dieses gleichzeitig auseinander. Das gelingt durch die selbstironische Art und ist witzig, ein Witz, der in den anderen Romanen Stamms nicht so präsent ist.
Das Buch ist locker und gleichzeitig wie gewohnt tiefsinnig, eine wunderbare Kombination, die diesen Roman zu einem ganz neuartigen Stamm-Leseerlebnis macht.
Peter Stamm, In einer dunkelblauen Stunde, Fischer Verlag, 24 Euro