Bewegend und sprachstark ist dieses Buch von Angelika Klüssendorf, die bereits drei Mal für den Deutschen Buchpreis nominiert war.
In „Risse“ verknüpft sie sehr spannend eine Form kurzer, literarischer Erzählungen über das Schicksal des „Mädchens“ mit einer Art nachfolgendem „Kommentar“, jeweils kursiv gesetzt. Die Erzählungen sind bereits 2004 erschienen, lange vergriffen, und werden durch die Kommentare um das Nicht-Erzählte ergänzt. Die Schonungslosigkeit, mit der Klüssendorf erforscht, warum Erinnerungen sich ändern, was nicht erzählt werden kann und dann doch, ergeben eine vertiefte Form autofiktionalen Erzählens.
Die erzählten Passagen sind enorm dicht und berührend, durch die nachfolgende Einordnung wird dies noch verstärkt. Kaum fassbar, was dieses Mädchen, es hat keinen Namen, ertragen musste und schier unglaublich, dass eine so wunderbare Autorin, so reflektiert und klar, aus einer solchen Kindheit hervorgehen konnte. Dieses Aufwachsen war bar jeder positiven Anregung, enthielt nur Gewalt und Ablehnung, Tröstenmüssen und Versorgenmüssen, Sorge um die kleine Schwester und mangelnde Liebe. Allein das Lesen hat die Zumutungen abgelöst und für Ablenkung gesorgt.
Das Buch bildet die Vorgeschichte zu den Romanen „Das Mädchen“, Jahre später“ und „April“.
Auch hier: unbedingte Lesempfehlung!
Angelika Klüssendorf, Risse, Piper Verlag, 22 Euro