Der zweite Teil der Romane um die Geschichte der Familie der Autorin ist soeben erschienen und für alle, die den ersten Teil gelesen haben, ein „Muss“. Und alle, die noch nichts von Slimani gelesen haben, können ohne Bedenken auch mit diesem Buch einsteigen, denn es spielt ganz für sich in den wilden 1960er Jahren, deren kulturelle und gesellschaftliche Veränderungen auch in Marokko ankommen. Neben Aicha, der Tochter Mathildes und Amines, dem marokkanisch-französischen Paar, spielen auch deren Söhne eine wichtige Rolle und, höchst spannend, die gesamte Hippieszene Europas. Diese lassen sich für ein paar selige Jahre in Essaouira nieder, einem marokkanischen Ort, der aus sich heraus etwas ganz besonderes ist, auch heute noch.
Aicha, frisch als Ärztin ausgebildet, kehrt nach vielen Jahren im Elsass nach Marokko zurück und muss sich erstmal zurechtfinden in der rückständigen, patriarchalen Welt ihrer Familie. Sie lernt „Karl Marx“ kennen, ein junger Mann, der ob seiner politischen Haltung so genannt wird. Beide wollen der traditionellen und politisch auch korrupten Welt Marokkos etwas entgegensetzen und debattieren nächtelang mit ihren Freundinenn und Freunden darüber, wie das Königssystem ersetzt werden könnte.
Mathilde ihrerseits hat sich an das reiche Leben gewöhnt, das Amines florierende Landwirtschaft ermöglicht und bleibt dennoch weiter eine Fremde in Marokko, während Amine weiter ein autoritärer Mann bleibt, der seinen Gefühlen einen Riegel vorschiebt, weil sich das so gehört.
Ein sehr vielstimmiges Buch mit beeindruckenden Beschreibungen der jeweiligen Lebenssituationen und überraschenden Momenten im Verhalten der ProtagonistInnen.
Leila Slimani, Schaut, wie wir tanzen, aus dem Französischen von Amelie Thoma, Luchterhand Verlag , 24 Euro