Erzählt wir die Geschichte von Fanny, einer Tochter der österreichischen Provinz, geboren in den Zwischenkriegsjahren. Fanny erzählt genau genommen selbst ihre Geschichte, die sich ihr aufdrängt in den Phasen des Dösens und Dämmerns, denen sie als alte, sieche Frau anheimfällt. Ihre Enkelin möchte, dass Fanny ihre Geschichte in ein eigens dafür geschenktes Buch schreibt, doch genau das kann Fanny auf keinen Fall. Sie gehört der Generation der Schweigenden an. Wichtig war ihr immer, den äußeren Schein zu wahren, dem zu genügen, was sie selbst als anständig und geordnet definiert. Darüber verliert sie ihren Sohn und am Ende die wenigen anderen zwischenmenschlichen Kontakte.
Laura Freudenthaler erzählt Fannys Geschichte zurückgenommen, szenisch und den Menschen zugetan. Nie stellt sie jemanden bloß in seinem Sosein. Die Härte, die sich zuweilen aus dieser Kargheit ergibt, müssen die LeserInnen, gemeinsam mit der Protagonistin, ertragen.
Ich habe lange kein so intensives Buch gelesen, das zudem literarisch das Thema aufgreift, wie stark Generationentraumata auf die nachfolgenden Generationen weiter einwirken.
Im Frühjahr ist „Geistergeschichte“ von Laura Freudenthaler bei Droschl erschienen. Über diese Neuerscheinung, die mich ebenso begeistert hat, bin ich auf den Debütroman „Die Königin schweigt“ gekommen. Beide Bücher gehören für mich zu den Lese-Highlights dieses Jahres.
Laura Freudenthaler, Die Königin schweigt, btb, 10 Euro