Judith Schalansky, Verzeichnis einiger Verluste, Suhrkamp, 24 Euro
Bereits ab der ersten Seite bin ich beeindruckt von Judith Schalanskys neuem Werk „Verzeichnis einiger Verluste“, erschienen bei Suhrkamp. 12 Berichten über Verluste stellt die Autorin eine Vorbemerkung sowie ein Vorwort voran. Die Vorbemerkung listet auf, welche Ereignisse in der Zeit des Entstehens des Buches zu verzeichnen waren, das Vorwort, wie alle anderen 12 Berichte exakt 16 Seiten umfassend, beschäftigt sich mit Tod, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und der Erinnerungsfähigkeit des Menschen. Im letzten Abschnitt schreibt Schalansky „Wie alle Bücher ist auch das vorliegende Buch von dem Begehren angetrieben, etwas überleben zu lassen, Vergangenes zu vergegenwärtigen, Vergessenes zu beschwören, Verstummtes zu Wort kommen zu lassen und Versäumtes zu betrauern.“ Resümierend denkt die Autorin weiter, es gebe vielleicht nur einen winzigen Unterschied zwischen An- und Abwesenheit, solange es Erinnerung gebe. Eine sehr bedenkenswerte Idee, die mich gespannt mit dem ersten Abschnitt „Südliche Cookinseln – Tuanaki“ beginnen lässt, in dem es um das Verschwinden einer Insel geht.
Dieses Buch lässt sich nicht in einem Schwung lesen, es will erobert und genossen werden. Abschnitt für Abschnitt, so scheint mir. Dazu kommt, dass die einzelnen Themen durch eine, auf den ersten Blick, schwarze Seite unterteilt werden. Doch auf dieser schwarzen Seite befindet sich bei genauem Hinsehen jeweils ein ebenfalls schwarzer Druck mit einem Symbol aus dem dann folgenden Abschnitt. Diese, in Bezug auf das Thema „Verschwinden“, wundervolle Gestaltungsidee weist auf Judith Schalansky die Buchgestalterin, die sie ebenfalls ist, hin. Wie in ihrem Roman „Der Hals der Giraffe“, kommt auch bei diesem Buch zum Inhalt der Genuss eines sehr sorgsam gestalteten Buches hinzu.
Eine Freude und mein Buch dieses Herbstes.
Judith Schalansky, 1980 in Greifswald geboren, studierte Kunstgeschichte und Kommunikationsdesign. Ihr Werk, darunter ‚Atlas der abgelegenen Inseln‘ und ‚Der Hals der Giraffe‘, ist in mehr als 20 Sprachen übersetzt und wurde vielfach ausgezeichnet. Sie ist Initiatorin und Herausgeberin der ‚Naturkunden‘ im Matthes & Seitz-Verlag und lebt als Gestalterin und freie Schriftstellerin in Berlin.