Herzergreifend wunderbar: „Das große Spiel“ von Richard Powers

Noch immer klingt dieser Roman in mir nach – „Das große Spiel“ von Richard Powers.

Richard Powers widmet sich vier großen Themen: Künstliche Intelligenz, die Wunder der Tiefsee, Feminismus und Kunst bzw. Literatur als Ausdruck all dessen, was um uns ist.

Wir sind zeitweise auf der Koralleninsel Makatea, dort lebt Rafi mit seiner Frau und zwei Kindern, auch die Tiefseetaucherin Evelyne Beaulieu wohnt dort mittlerweile. Außerdem begleiten wir den Tech-Milliardär Todd Keane auf dem Weg in eine Demenz- Krankheit, der er noch eben so lange zu entwischen sucht, bis er seine Lebensgeschichte erzählt hat. Außerdem will er kurz vor dem drohenden Tod eine bahnbrechende Erfindung bzw. Weitentwicklung der KI fertigstellen.

Todd und Rafi verbindet eine lebenslange Freundschaft, die zu Schulzeiten beginnt und über weite Teile von einer gemeinsamen Spielfreude getragen wird, welche zunächst analog mit Brettspielen, später exzessiv mit dem Go-Spiel ausgelebt wird. Das sind herrliche Beschreibungen ihrer Spielleidenschaft, man möchte sofort mitspielen. Während Todd eigentlich Ozeanografie studieren will, wählt er doch aus bestimmten Gründen, die hier nicht verraten werden sollen, ein anderes Fach und entdeckt schon früh seine Liebe zu Computern. Rafi dagegen verliert sich in der Literatur. Beide haben ungute Kindheitserfahrungen und befreien sich durch ihr Tun aus den Fängen der Elternhäuser. Parallel dazu erzählt Powers von der Heldin aus Todds Kindheit, der Taucherin Evelyne Beaulieu, die sich in einer reinen Männerwelt durchsetzen kann, allein aufgrund ihrer extremen Tauchbegeisterung und der damit einhergehenden vielen Tauchgänge, die sie absolviert hat. Die Passagen, in denen Powers von den Tauchgängen Evies erzählt, von dem, was unter Wasser vor sich geht und zu entdecken ist, welche Welt dort unten „uns“ hier oben erst ermöglicht hat, sind zutiefst ergreifend und stimmen demütig.

Obwohl die Vernichtung der Tiefsee in vollem Gange ist, stimmt der Roman dennoch nicht traurig, weil er gleichzeitig der KI eine mögliche Entwicklung zuschreibt, die vielleicht ja wirklich günstig sein könnte für die Menscheheit.

Ein grandioser Roman, der noch lange nachhallt. Unbedingt lesen!

Richard Powers, „Das große Spiel“, aus dem amerikanischen Englisch von von Bonné, Penguin Verlag, 26 Euro