Es ist für jede/n was Feines dabei:
Kunst und Biografie:
Julias Voss: Hilma af Klint. Die schwedische Malerin gilt als die eigentliche „Erfinderin“ der abstrakten Malerei, noch vor Kandinsky hat sie ungegenständliche Bilder gemalt. Mehr dazu unter „Entdeckungen“.
Für Frauen, die Mütter umsorgen, oder auch deren PartnerInnen:
Katja Jungwirth: Meine Mutter, das Alter und ich. Schilderung des Lebens mit der eigenen, schwer kranken, noch alleine lebenden Mutter, gespickt mit Humor und unerwarteten Erkenntnissen.
Kremeyr und Scheriau, 22 Euro
Herkunft, Familiengeschichte, Portrait einer Frau am Anfang des 20. Jahrhunderts:
Monika Helfer, Die Bagage. Sehr knapp, sprachlich brilliant und einnnehmend porträtiert Monika Helfer ihre eigene Mutter, das Aufwachsen nicht nur als Kind einer geächteten, einsam lebenden Familie, sondern auch als Kind, das vom Vater niemals angesprochen wird. Was bedeutet es, eine Frau zu sein, die als die Schönste weit und breit gilt, im Krieg, der Mann abwesend, der Bürgermeister als Beschützer, ein wunderschöner Georg aus Hannover als Besucher und dann wird Maria, die Großmutter der Autorin, schwanger. Ja, der Josef hatte auch einen Fronturlaub, aber die Mäuler im Dorf ratschen etwas anderes. Grete, das Kind, muss drunter leiden. Eigenwillig beschreibt Helfer die Situation in dem Bergdorf zu Zeiten des zweiten Weltkrieges, mich hat das Buch sehr in den Bann gezogen in der Einfachheit und Schlichtheit der Beschreibungen, der Dialoge, des Geschehens.
Hanser Verlag, 19 Euro
Modern, sehr krass und extrem spannend geschrieben:
Thomas Jonigk, Weiter. In mehreren Schichten verschlingt Jonigk die „mögliche“ Geschichte von Veronika und Robert, die sich, am absoluten Tiefpunkt angelangt, in einem Café im Berlin der Achtziger Jahre treffen. Die Story könnte auch ganz anders gewesen sein, aber wir erfahren sie, wie Jonigk sie erzählt und er verschont uns mit nichts. Gerade die Geschichte von Veronika als psychisch und physisch missbrauchtes Kind ist dermaßen heftig, dass es manchmal schwer zu ertragen ist. Nun, die beiden erzählen sich alles und es bleibt spannend, wie die Liebesgeschichte weitergeht, ob die Frage danach, was Glück bedeutet, durch sie beantwortet werden wird. Sprachlich sehr packend, an manchen Stellen wie ein Theaterstück geschrieben.
Droschl Verlag, 20 Euro
DER Roman zum Brexit:
Jonathan Coe, Middle England. Bestimmt haben Sie und Ihr schon von diesem Roman gehört, der überall besprochen wurde. Ein schon zu Beginn spannendes und vereinnahmendes Stück Literatur. „Jonathan Coe schafft es, die nicht wirklich rosige politische Lage, das ganze Gerangel um den Brexit und seine Ursachen, mit so viel Witz zu beschreiben, dass es eine Freude ist, diesen Roman zu lesen. Außerdem lernt man eine Menge über die politische Entwicklung, über den Zustand der Medien, über dumpfe Ressentiments und letztlich auch über Literatur.“ NDR- Kultur, 11. 02. 2020
Folio Verlag, 25 Euro (Ü: Catherine Hornung und Dieter Fuchs)
Noch eine Synthese aus Roman und Sachbuch:
Michael Kumpfmüller, Ach Virginia. Sehr erstaunlich, wie ein männlicher Autor sich so fein und empathisch in die Seele einer Frau, Virginia Woolf, hineinversetzen kann. Er schildert die letzten Tage, bevor Virginia sich umbringt, in der ganzen Steigerung der Verzweiflung und der Überhandnahme der Stimmen und Visionen, der Schlaflosigkeit und zunehmenden Gedankenkarussels. Sehr tragisch und durchaus nicht mit Humor, aber mit einer beeindruckenden Sprachvielfalt führt uns Kumpfmüller durch das reiche Leben der gegen Unterdrückung und für Befreiung schreibenden und lebenden Autorin.
Kiepenheuer und Witsch, 22 Euro