Die Marschallin von Zora Del Buono
Familiengeschichte, historischer Roman, und dazu spannend und packend – ich bin begeistert von diesem Roman. Erzählt wird die Geschichte der Großmutter der Autorin gleichen Namens. Diese ist geboren in Slowenien, verheiratet in Italien und gestorben im ehemaligen Jugoslawien. Eine glühende Kommunistin, die sich dennoch ein luxuriöses Leben in Bari in Süditalien zu führen erlaubt, kein Problem darin sieht, ein Haus gebaut zu haben, das so viel wie 20 Apartements in Rom gekostet hat und mit vielen Angestellten ihren elitären Hausstand zu führen. Drei Söhne haben sie und ihr Mann Pietro, ein weithin berühmter Röntgenarzt, der, ebenfalls Kommunist, viel Geld verdient, aber doch auch jeden behandelt, auch wenn eine Bezahlung nicht zu erwarten ist.
Ihr Haus dient dem Widerstand in Italien als Zufluchtsort, später ist das familiäre Leben von den drei Ps, Politik, Palaver, Patienten geprägt. Die beiden Del Buonos vertreten die Meinung „Kommunismus ist Aristokratie für alle“, was das widerspruchsvolle Handeln der „Marschallin“ wunderbar erläutert. Ihren Namen verdankt sie ihrer Bewunderung für Marschall Tito, den Pietro einmal geröntgt hat.
Das Buch glänzt durch die dramaturgische Komposition, die vielen Anekdoten, die immer wieder mit Zitaten angereichert werden und vor allem mit dem grandiosen Schlusskapitel, in dem die mittlerweile bald Achtzigjährige einen Monolog hält, der die Geschichte ab ´ 48 zuende erzählt. Nach und nach erst wird deutlich, welche Abgründe in Zora lauern und wie grauenhaft doch auch ihr selbst mitgespielt wurde vom Schicksal. Die Widersprüchlichkeit Zoras überträgt sich auf das Empfinden der Lesenden gegenüber dieser enorm kraftvollen und spannenden Protagonistin, die zugleich Mitgefühl und Distanzierung erzeugt.
Die politischen Verwicklungen und Dramen in und nach der Mussolini-Ära spiegeln sich im Leben der Familie und der Hauptfigur, das ist spannend und lässt die nur eingeschränkte psychologische Tiefenschärfe der Charaktere verzeihlich erscheinen, die zugunsten einer akribischen Nachzeichnung der äußeren Gegebenheiten zurückstehen muss.
C.H. Beck, 24 Euro