Der neue Roman von Delphine de Vigan „Dankbarkeiten“ hat mich sehr berührt und nachdenklich gestimmt. Erzählt wird die Geschichte von Michka, der nach und nach die Wörter abhanden kommen. Ihr Zustand verschlechtert sich, so dass Marie, die von Michka als Kind oft behütet wurde, sich gezwungen sieht, Michka in ein Altenheim zu geben. Dort leidet die alte Frau und hat als Freude nur die Besuche von Marie und die des Logopäden Jerome. Michka wünscht sich schon viele Jahre, ein Ehepaar ausfindig zu machen, von dem sie als Sechsjährige gerettet wurde. Marie ihrerseits ist voller Dankbarkeit für Michka, die ihr die Nähe und Geborgenheit gegeben hat, die die eigene Mutter nicht zu geben imstande war. Jerome hat den Kontakt zu seinem Vater abgebrochen und spürt eine ungewöhnliche Nähe zu seiner Patientin. So kommt es, dass er gemeinsam mit Marie die Suche nach dem Ehepaar aufnimmt.
Das Buch lebt von den Dialogen zwischen den Dreien und lädt oft zum Lachen ein, obwohl es ja eigentlich nicht schön ist, was Michka erleiden muss. Das Schwere wird aber doch leichter durch die herrlichen Wortschöpfungen, die Michka erfindet für die ihr fehlenden und das ist oft herzzerreissend komisch. Das Thema des Buches sind Werte wie Dankbarkeit, Füreinander-Dasein und natürlich wird auch der Zustand der Altenpflege sichtbar, ohne konkret thematisiert zu werden.
Genügend Stoff also, der auch nach dem Ende des Buches bedacht werden kann.
Dumont Verlag, 20 Euro
Aus dem Französischen übersetzt von Doris Heinemann