Lieben und schreiben

Ein neuer Roman von Lily King, die einigen vielleicht bekannt ist durch ihr Buch „Euphoria“. Das habe ich damals nicht gelesen, bin jetzt aber sehr angetan vom neuen Buch der Autorin, „Writers and Lovers“.

Casey, die in Wirklichkeit Camila heißt, steckt in einer ziemlich existentiellen Krise. Das Übliche, das einer jungen Frau widerfahren kann: Freund weg, Schuldenberg, Lebensziel bekannt, aber unerreichbar scheinend. Schon an dieser Stelle wird auch das amerikanische System deutlich, durch das solche Schuldenberge aus dem Studium erst möglich werden. Erschwerend kommt für Casey aber der plötzliche Tod ihrer Mutter hinzu, zu der sie in den letzten Jahren ein inniges und für sie selbst wichtiges Verhältnis aufgebaut hatte. Sie landet in Boston, wo sie in einem vornehmen Restaurant als Kellnerin arbeitet. Eigentlich aber schreibt sie an einem Roman. Die Schilderungen ihres Arbeitsalltags sind aus verschiedenen Perspektiven betrachtet erhellend und zeigen auch, wie ohnmächtig die Angestellten der Willkür der Chefs ausgeliefert sind. Die enorme Leistung, die Casey dort erbringt, steht im krassen Gegensatz zu dem Selbstwertgefühl, das sie hat. Umso witziger und menschlich einnehmend wird das Verhältnis unter den Angestellten in kurzweiligen Dialogen deutlich. Casey lernt Menschen und einen Mann kennen, die ihr vielleicht behilflich sein können bei ihrem Ziel, als Schriftstellerin zu reüssieren und doch wird deutlich, dass es für sie auch darum geht, sich selbst treu zu bleiben und unabhängig von Ansehen und Reputation in der Öffentlichkeit ihren Weg zu gehen. Dieser Weg wird unaufdringlich, interessant und schlüssig erzählt, gewürzt mit wirklich feinen Gesprächen auch über Inhalte und kleinen Seitenhieben auf diesen oder jene und das amerikanische Gesellschaftsleben. So geht am Ende alles gut aus – aber das ist auch fast das einzige Detail, das in Frage gestellt werden könnte – aber andererseits: warum nicht auch mal ein gutes Ende?
Das Buch ist sprachlich vielfältig und gut übersetzt und ich persönlich finde, dass es eine Menge Themen enthält, die interessant sind. Außerdem sind die Figuren gut gezeichnet und es wird nicht alles erzählt, sondern es bleibt Raum für die Wahrnehmeung der lesenden Person.

Verlag C.H. Beck, 24 Euro
Aus dem Englischen übersetzt von Sabine Roth