Buch mit Nachklang: „Alef“

Das war mal wieder so ein Roman, der erst nach der Beendigung des Lesevorgangs seine ganze Wucht entfaltet hat. „Alef“ von Katharina Höftmann Ciobotaru. Erzählt wird eigentlich die Geschichte einer wirklich großen Liebe zwischen einem Israeli und einer 1984 in der ehemaligen DDR geborenen jungen Frau. Doch bis es wirklich um die Beiden geht, entfaltet Höftmann Ciobotaru ein atemberaubendes historisches Tableau. Die Geschichte der Familie Eitans, des jungen Israeli, allein hätte wohl schon für einen spannenden Roman ausgereicht. Seine Vorfahren, Holocaust-Überlebende,  haben alle ihre eigenen Dämonen, von denen sie durch Flucht und Vertreibung aus Nazi-Deutschland besetzt sind. Die Tante, die ihr Leben lang am Fenster sitzt und auf ihren Bruder Sigi wartet, die Eltern, die um ihren Sohn Mordechai trauern, Eitan, der als Jüngster stets nur „mein Schatz“ genannt wird und eine Weile braucht, um zu verstehen, dass dies nicht sein Rufname ist. All diese Geschichten stecken voller Leben und entzünden viele Emotionen.

Die Geschichte der Eltern Majas wiederum ist geprägt vom DDR-Alltag und dem Verlust dieses Alltags durch die Wende 1990. Astrid und Wolf verbindet eine sehr interessante Geschichte, die ebenfalls für einen Roman gereicht hätte. Am Ende des Buches habe ich die Beiden fast vermisst und hätte einfach gerne gewusst, wie sich deren Leben eigentlich weiter entwickelt hat. Mir wurde nämlich im Epilog erst so richtig deutlich, dass das Buch die Geschichte der Autorin erzählt, also auf einer wahren Begebenheit beruht.

Das eigentlich Thema von Eitan und Maja ist natürlich der krasse kulturelle Unterschied vor dem Hintergrund der zurückliegenden Familiengeschichten und der verschiedenen Herkunftsländer und ihr Umgang damit. Das bis hierin Erzählte ist also wesentlich wichtig zum Verständnis dafür, welche Probleme sich zeigen für die Lebbarkeit ihrer Liebe. In diesem Teil ist es noch einmal sehr spannend, sich mit Israel als Staat auseinanderzusetzen, da werden viele verschiedene Meinungen und Haltungen in die Figuren geschrieben, die die Komplexität des Themas sehr gut verdeutlichen. Auch das Feld „Glauben“ nimmt durch die geplante Konvertierung Majas zum Judentum  Raum ein und erzeugt damit auch für die Lesenden die Möglichkeit, sich mit diesem Thema aus verschiedenen Perspektiven einmal auseinanderzusetzen.

Ein tolles Buch, das der neu gegründete Frauenbuchverlag Ecco da herausgebracht hat.

 

Katharina Höftmann Ciobotaru, Alef, Ecco Verlag,  22 Euro