Schon der Titel dieses intensiven Buches weist auf die Generation Z, die sogenannten Millenials hin. Selbstoptimierung, scheinbare Anforderungen von Männern an das eigene Aussehen und vor allem „Sein“ stehen im Mittelpunkt des Aufwachsens von Jella in der Lausitz. Erzählt wird, wie Jella, und damit beginnt das Buch, Gewalt mit Todesangst durch ihren Freund Yannick erfährt und ihn letztlich anzeigt. Dem geht eben dieses Aufwachsen voraus: die Freundinnen, mit denen sie engstens ihre Pubertät teilt, das Entdecken der eigenen Sexualität, aber eben auch ein erstes Trauma, das gewaltsam erzwungene erste Mal. Jella ist ohnmächtig, ihr „Nein“ wird nicht gehört-hat sie es wirklich nicht deutlich genug gesagt? Bei jeder weiteren Übergriffigkeit sucht Jella ihren Anteil am Geschehen, verkleinert das Tun des jeweiligen Mannes, weil sie ja wohl auch dazu beigetragen hat. Außerdem sucht sie Heilung darin, selbst zu entscheiden, mit wem sie eine sexuelle Beziehung eingeht – bevor es dazu kommen kann, dass die Männer über sie hinweg entscheiden.
Diese beidseitige Darstellung und Differenzierung des Geschehenen sind das Besondere an diesem vorzüglich geschriebenen Roman, der andererseits auch wirklich weh tut beim Lesen. Sowohl die vielen Sexszenen als auch die Selbstbeschuldigungen sind hart zu lesen.
Die Schweigsamkeit, mit der Jella aufgewachsen ist, setzt sich fort in ihrer intensiven Beziehung zu dem Künstler Yannick – kein brutaler Streit, die Gewalttätigkeit geht auch von Jella aus, wird wirklich besprochen, sondern einvernehmlicher, intensiver Sex ersetzt das Gespräch und schafft wieder Frieden, vor allem aber eine intensive Nähe, die Jella sich sehr wünscht.
Es ist erschütternd zu lesen, wie sehr sich die jungen Frauen den Männern unterordnen, Wohlverhalten zeigen, vermutetes gewünschtes Verhalten antizipieren und sich dabei selbst verlieren. Insbesondere Jella zeigt dieses Verhalten – Ihre Freundinnen bleiben in dieser Hinsicht etwas blaß in der Beschreibung als dann erwachsene Frauen und es scheint, dass diese insgesamt anders mit ihrem Leben umgehen als Jella, die durch die traumatische Ersterfahrung hindurch handelt.
Ein beeindruckend geschriebenes Debüt, das sich einreiht in Romane von Lana Lux oder Mareike Fallwickl, in seiner authentischen und dennoch literarischen Schreibweise aber etwas wirklich Besonderes ist. Einzelne Sprachvariationen haben mich an die Romane von Ulrike Draesner erinnert und tatsächlich dankt Thomas im Nachwort eben dieser ihrer Professorin.
Ruth-Maria Thomas „Die schönste Version“, Rowohlt, 24 Euro