„Das Muschelessen“ war das Buch, mit dem Birgit Vanderbeke bekannt wurde. Nun ist die Autorin einer Vielzahl kleiner feiner Bücher in Südfrankreich überraschend verstorben.
Birgit Vanderbeke hat mich ab diesem ersten Buch viele Jahre begleitet, denn ungefähr alle zwei Jahre erschien ein neues Werk von ihr, häufig in biografischem Zusammenhang, auf das ich mich jedes Mal mit Freude gestürzt habe. Ihre Sprachfertigkeit und die Themen, die sie knapp und kurz, witzig und erschütternd ehrlich und klar zugleich bearbeitete, haben mich gepackt und erreicht.
„Das Muschelessen“ erzählt von einer desolaten Familie, deren Mitglieder unter dem despotischen Vater leiden. Ein Muschelessen zur Feier einer Beförderung des Vaters entgleitet.
„Meine Mutter hat kurz nach sieben gesagt, es wird doch hoffentlich nichts passiert sein, und aus reiner Bosheit habe ich darauf gesagt, und wenn schon, weil ich plötzlich fand, dass mein Vater ein Spielverderber wäre, vielmehr ein Stimmungsverderber, auf einmal habe ich mir gewünscht, dass er nicht mehr zurückkäme. […] Meine Mutter hat mich zwar angesehen, aber nicht so entsetzt, wie ich erwartet hatte, sondern mit schräg gelegtem Kopf, dann hat sie gelächelt und gesagt, nun, wir werden sehn, und es hat nicht so geklungen, als würde sie es verwunderlich oder schlimm finden, wenn er jetzt einfach nicht käme.“
Es lohnt sich, Birgit Vanderbekes Werk noch einmal zur Hand zu nehmen, denn viele der Themen sind zeitlos.