Reinhard Kaiser-Mühlecker, Enteignung

Dieser Autor ist eine Entdeckung für mich, obwohl es ihn schon lange schreibend und vom Feuilleton beachtet gibt in der Literaturwelt.

„Enteignung“ handelt von einem Journalisten, der in sein Heimatdorf zurückkehrt, für das Lokalblatt schreibt und sich nach einer Weile bei einem Schweinemastbauern als Aushilfskraft bewirbt. Dieser Bauer hat nämlich mit der Geliebten des Journalisten ebenfalls ein Verhältnis und leidet ansonsten daran, dass ein Stück seines Landes enteignet wurde. Nach einer Weile rutscht der Journalist in eine weitere Affäre, diesmal mit der Bäuerin. Die scharfen Beobachtungen des Erzählers schaffen eine eindringliche und bedrückende Atmosphäre, so dass eine bis zum Ende anhaltende Spannung erzeugt wird, die manchmal ein bisschen an alte Schwarz-Weiß-Filme erinnert. Die Bauersleute leiden an extremen Existenzängsten, der Journalist an Gefühllosigkeit und die Frauen wirken jede für sich vom Leben gebeutelt. Der Stadt-Land-Kontrast scheint in diesen Figuren auf, die in seltsamer Sprachlosigkeit bleiben. Es kommen nämlich kaum Dialoge vor und der Autor lässt viele Leerstellen. Die Beschreibungen des häuslichen Lebens des Protagonisten, der erst ganz am Schluss  einen Namen bekommt, erinnern an die frühen Murakami-Romane, in denen sich seltsam entrückte Männer schweigend durch die Welt bewegen.

Ich bin sehr angetan von der Sprachfertigkeit, mit der dieser Roman trotz der sparsamen Handlung eine Spannung aufbaut, die die inhaltlichen Themen, die er verhandelt, begleitet.

Reinhard Kaiser-Mühlecker, Enteignung, Fischer-Verlag, 21 Euro