Leicht und doch mit Tiefgang: „Mon Chéri und unsere demolierten Seelen“ von Verena Roßbacher

Ein gelungen aufgekratzter Roman, der erzählt, wie Charly Benz, 43, ihr Leben meistert. Allein lebend, als Marketingfrau bei einer veganen Berliner Foodcompany angestellt und gesegnet mit einer Postneurose hat Charly einen intensiven Kontakt zu Herrn Schabowski, der eben diese Post für sie öffnet. Denn das ist sein Business: Leuten mit Postneurosen die Post zu öffnen und den Umgang damit gemeinsam zu meistern.

Charly Benz ist lange schon solo, Herr Schabowski ist ihr engster Kontakt und so verwundert es nicht, dass sie sich um ihn kümmert, als er an Krebs erkrankt. Die beiden verabreden, dass Herr Schabowski nicht in der Depression verharrt, sondern kämpft und Charly im Gegenzug ihre Post öffnet, insbesondere den Brief einer Wiener Anwaltskanzlei. Das geht dann so, dass die Beiden gemeinsam eine Vielzahl esoterischer und nicht-esoterischer Kurse besuchen, die zur Heilung beitragen könnten. Es heißt also Abschied nehmen von gemeinsamen Zigarettenpausen und angebrannten Croissants zum Frühstück.

Der Brief entpuppt sich als Informationsschreiben dazu, dass Charly von ihrem kaum jemals anwesend gewesenen Vater, genannt der Don, ein Hotel in Bad Gastein geerbt hat. Sie und ihre Geschwister müssen es gemeinsam betreiben, sonst fällt es an ein Tierheim. Gleichzeitig findet Charly ihre alte Jugendliebe wieder und zwei weitere Männer kreuzen ihren Weg. Die unverhoffte Schwangerschaft stellt sie zwar vor das Problem, wer der Vater sein könnte, aber Freundschaft und Loyalität sind letztlich die Ankerpunkte, die Charly als Mutter begleiten und den Roman zu einem durchaus guten Ende kommen lassen.

Das alles ohne Kitsch, mit tollen Einfällen und viel Wortwitz: ein wirklich gelungenes Buch, das an langen Wintertagen richtig gut unterhält!

Verena Roßbacher, Mon Chéri und unsere demolierten Seelen, Verlag Kiepenheuer und Witsch, 24 Euro