Ein besonderer, sehr erfrischender Roman aus Irland hat mich in den letzten Tagen gefangen genommen:
Caroline O´Donoghue „Die Sache mit Rachel“
Erzählt wird in zwei Strängen aus der Sicht von Rachel. Mittlerweile Journalistin in London trifft sie auf eine Person, die ihr erzählt, dass Dr. Byrne im Koma liegt.
Dr. Byrne – ihr angehimmelter Anglistik-Professor, mit dem sie während ihres Studiums 2010 eien besondere Beziehung verband und der nun, 11 Jahre später, offensichtlich schwer erkrankt ist. Ab jetzt erzählt Rachel ihr Leben im Cork der Jahre 2010/2011. Sie arbeitet in einem Buchladen und dort lernt sie James kennen, der so gegensätzlich zu ihr selbst ist: exaltiert, lebensfroh, spontan. Sofort fragt er sie, ob sie nicht mit ihm zusmmen ein bereits gefundenes Haus mieten möchte. Gesagt, getan und so entsteht eine Lebensfreundschaft, in der alles geteilt wird. Den angebeteten Dr. Byrne laden sie und James zu einer Lesung in die Buchhandlung ein, um ihn zu verführen. Es kommt jedoch ganz anders als gedacht. Ihre drei Leben verstricken sich ab diesem Tag unaufhaltsam.
Nun, ihre Freundschaft zu James jedoch ist so innig, dass es“nur einen James geben kann“, was sie James Carey, den sie bald darauf kennen lernt, als erstes mitteilt. Sie nennt ihn Carey und ist alles andere als bereit, sich in eine feste Beziehung zu begeben und doch verfällt sie ihm total.
Ihr Leben mit James, die innige Freundschaft, die erste erwachsene Beziehung mit Carey, ihr laxes Studium und die Sache mit Dr. Byrne sind äußerst spannend erzählt. Das ganze Chaos der Zwanziger, die schlechte Ernährung, der wenige Schlaf, das ständige Feiern, der viele Alkohol- es ist herrlich, dem zu folgen. Die Klassenunterschiede zwischen Rachel, der Tochter aus bürgerlichem verarmten Haus und James, dem Arbeiterkind, aber auch gegenüber den Byrnes, all das machen das Buch reich an Details und unterfüttern die Logik der Geschehnisse. Die extreme Wirtschaftskrise in Irland bildet den Hintergrund für eine Vielzahl an Entscheidungen, die getroffen werden. Moral und Werte müssen dabei häufiger bis zum Äußersten gedehnt werden, um durchzukommen. Rachel wird später in London noch sehr viel zur der irischen Krise und vor allem zum Thema Abtreibung schreiben, auch das eine weitere Facette in diesem reichen Roman. Die vielen falschen Fährten, die gelegt werden, tun ein übriges und das Ende ist so unvorhersehbar wie erfreulich.
Ein spannendes Buch, durchdacht, schlüssig, mit sehr viel trockenem Humor und mit Charakteren, die es in wirklich sich haben. Und der Titel ist auch klasse, denn er erschließt sich wunderbar am Schluß.
Leseempfehlung, vor allem jetzt für die Urlaubszeit besonders gut geeignet.
Caroline O´Donoghue, „Die Sache mit Rachel“, Ü: Christian Lux, Verlag Kiepenheuer und Witsch, 24 Euro