„Das glückliche Geheimnis“ heißt der neue Roman des österreichischen Schriftstellers Arno Geiger. Wohlbekannt ist er vielen durch seine vorherigen Romane, unter anderem „Der alte König in seinem Exil“, in dem er von der Begleitung der Demenzerkrankung seines Vaters berichtet und zuletzt durch „Unter der Drachenwand“, einem beeindruckenden Roman über das letzte Kriegsjahr 1944/45 irgendwo in einem versteckten Tal.
Das neue Buch ist biografisch und erzählt von einer 25 Jahre währenden Tätigkeit, die Geiger als junger Student begann: er tauchte in den Papiercontainern Wiens zunächst nach Büchern, später nach Briefkonvoluten und Tagebüchern. Die Bücher verkaufte er Anfang der Neunziger gewinnnbringend auf Flohmärkten, wichtig für sein Schreiben wurden dann aber die Schriftzeugnisse der Menschen. Weggeworfen und damit eigentlich Müll, mal an jemanden gerichtet, oft nur als Zeugnis des eigenen Lebens verfasst, bilden diese Texte eine Art Grundrauschen der Erfahrungswelt anderer, das in das eigene Schreiben einfließt als Wissen um die Welt und ihr Funktionieren.
Geiger setzt sich damit auseinander, wie dieses Grundrauschen einwirkt, und findet den Punkt, an dem er mit dem Tauchen aufhören kann. Das Papierfinden verbindet er in diesem Roman mit seiner eigenen Biografie als Schrifststeller, der lange brauchte, um Erfolg zu haben (auch der Hanser-Verlag war zuweilen eher hinderlich) und mit seinem Leben als Mensch, Liebender und vor allem auch als Sohn. Die Verknüpfungen dieser verschiedenen Themen gelingen ihm so elegant und verständlich, dass es eine Freude ist, sich in diesen Roman hinein zu begegeben. Sprachlich variantenreich und sehr sorgfältig die Worte wählend konfrontiert Geiger ohne Scheu und ehrlich die Lesergemeinde mit sich selbst und seinem Tun.
Ein tolles Buch!
Arno Geiger, Das glückliche Geheimnis, Hanser Verlag, 24 Euro