Dystopisch: „Zugvögel“ und „Das Flüstern der Bäume“

Dystopische Romane sind gerade viele auf den Bestsellerlisten und im Programm der Verlage. Heike Metter und ich haben uns zwei von diesen einmal „vorgenommen“ und Heike stellt sie hier vor:

„Die Tiere sterben. Bald sind wir hier ganz allein.“ Damit beginnt der Roman „Zugvögel“ von Charlotte McConaghy

Franny ist eine willensstarke junge Frau mit unbändiger Liebe zur Natur, fest entschlossen den letzten Küstenseeschwalben, von denen sie drei Tiere mit Peilsendern versehen hat, von der Arktis in die Antarktis zu folgen.
Mit viel Überzeugungskraft schafft sie es an Bord eines der letzten aktiven Fischerboote mit dem Argument, dass diese Vögel auf ihrem langen Flug in der Lage sind, fürs eigene Überleben Fischschwärme aufzufinden, sollte es noch welche geben. Und diese wären dann vielleicht der „Goldene Fang“, den Kapitän Ennis ersehnt.
Die Reise entwickelt sich zu einem lebensbedrohlichen Abenteuer. Rückblenden und Zeitsprünge verdeutlichen dabei Frannys Lebens- und Liebesgeschichte: Sie ist auf der Flucht, vor sich selbst, ihrer Vergangenheit und hat gleichzeitig ein klares Ziel.
Der Roman ist spannend, poetisch, bewegend und vor allem aktueller denn je in Zeiten des Klimawandels, der fortschreitenden Zerstörung der Natur, des Artensterbens und trotzdem ist er auch mutmachend mit der Erkenntnis: Wir sind nicht allein hier, noch nicht. Es gibt noch so viel zu erledigen!
Zitat Franny: „Plötzlich kommt es mir vor als dürfte man, wenn das Ende wirklich und wahrhaftig da ist, wenn man sich zum letzten Mal auf die Reise begibt, nicht vorzeitig aufgeben. Das gilt für das eigene Leben ebenso, wie für das der gesamten Gattung. Selbst wenn man erschöpft und halb verhungert ist und keine Hoffnung mehr hat- man hält immer weiter durch.“

Charlotte McConaghy, Zugvögel S.Fischer Verlag 22,00€

Der zweite Roman, „Das Flüstern der Bäume“ von Michael Christie, den wir hier vorstellen, hat ein anderes Thema, vor dessen Hintergrund sich eine Familiensaga entspinnt, die sich vom Jahr 1908 bis ins Jahr 2038 erstreckt.

Kanada 2038: Das große Welken hat Jahre zuvor zum Sterben der Bäume geführt und nur auf Greenwood Island ist einer der letzten Primärwälder der Erde erhalten geblieben. Dort bekommen reiche Besucher, sogenannte Pilger, die Möglichkeit, Reste intakter Natur in der Baumkathedrale zu bestaunen. Jacinda Greenwood hat das große Glück, hier als Naturführerin arbeiten zu dürfen und die Namensgleichheit hielt sie für einen Zufall. Als jedoch das Tagebuch ihrer Großmutter auftaucht, wird eine ganz andere Wahrheit erkennbar: Seit Generationen ist ihre Familie mit diesem Wald verbunden und die Folgen der Familiengeschichte bestimmen somit auch ihr Schicksal.
Der Roman erzählt neben dem Szenario einer zerstörten Natur eine eindrucksvolle Familiengeschichte, die sich über 130 Jahre erstreckt, angelehnt an die Jahresringe eines Baumstammes, vielschichtig, atmosphärisch und hochaktuell mit großer Kritik an der Umweltzerstörung- absolut empfehlenswert!

Michael Christie, Das Flüstern der Bäume Penguin 22,00€