Herrlich – ein spannender, Lesesog entfaltender Roman, der in der wilden Marsch von North Carolina spielt. Die kleine Kya wird nach und nach von all ihren Familienmitgliedern verlassen und muss sich bereits als Siebenjährige selbst versorgen. Den DorfbewohnerInnen ist sie unheimlich, sie nennen sie nur das Marschmädchen und halten ihre Kinder von ihr fern. Kya entwischt geschickt der Schulinspektorin und entgeht so dem ungeliebten Schulbesuch, bleibt aber zunächst auch ohne Kenntnisse, außer denen über die Marsch und ihre Bewohner. Die braucht sie auch, um in der Wildnis und mit der Wildnis zu überleben, denn Geld hat sie keines. Das Spannende ist, wie Kya sich ihre wachsenden Kenntnisse über die Zusammenhänge in der Natur zunutze macht, um zu überleben. Wir begleiten Kya in einzelnen nach Jahren geordneten Kapiteln von den Fünzigern bis 1969 auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Abwechselnd dazu wird in einzelnen Kapiteln die Geschichte eines Todesfalles erzählt, der sich 1969 abgespielt hat. Irgendwann treffen sich die beiden Zeitstränge. Der Roman ist auf der einen Seite das Porträt einer gesellschaftlichen Außenseiterin, auf der anderen Seite auch eine Art Krimi, der in einem furiosen Gerichtsfinale mündet. Die Verknüpfung der ruhigen Marschwelt, dem innigen Leben Kyas mit ihren Möwen, dem Leben auf dem Wasser und ihrer Freundschaft, ja Liebe, zu dem jungen Tate mit der Aufklärung des Todesfalles ist hochspannend und der Roman bleibt bis zum Schluß überraschend und wirklich gut geschrieben.
Obwohl, und hier kommen kleine Abers, es natürlich Ungereimtheiten gibt, manches unwahrscheinlich wirkt und auch das Gefühlsleben Kyas etwas schematisch bleibt, sogar trotz der schlimmen Erlebnisse, denen sie ausgesetzt ist. Man könnte auch den Vorwurf erheben, dass die Naturschilderungen ein wenig in den Kitsch abgleiten. Aber, (das ist das Gegen-Aber) : Das stört nicht den Gesamteindruck, das Buch ist packend, schön und macht einfach große Lesefreude.
Große Leseempfehlung für Naturmenschen, Schmöker-LiebhaberInnen, lange Winterabende, als Weihnachtsgeschenk und Selbstbeschenkung
hanserblau, 22 Euro