Lange schon bin ich Fan von Peter Stamm, dem Schweizer Autoren der kurzen, prägnanten Romane.
Auch sein neues Buch hat mich, nach kurzer Anlaufphase, sehr für sich eingenommen. Erzählt wird die Geschichte eines einsamen, mittefünzigjährigen Ich-Erzählers, der ins Haus seiner Kindheit zurück gezogen ist, nachdem seine Eltern verstorben sind. Dort pflegt er auch das Archiv, das er aus seiner letzten Anstellung, aus der er gekündigt wurde, mitgenommen hat. Täglich arbeitet er die aktuellen Nachrichten in das Archiv ein. Hauptsächlich aber beschäftigt er sich mit seiner Jugendliebe Franziska, die als Fabienne eine Karriere als Sängerin hat(te). Jede Nachricht über sie sammelt er und verliert sich in seinen Schwärmereien und Hirngespinsten darüber, wie Franziska wohl heute lebt.
Mit warmen und doch irgendwie gedämpften Sätzen zieht uns Stamm in die Welt seines Archivars. Vermutlich spielt im Hintergrund die Corona-Situation mit, das wird aber nie erwähnt, sondern prägt eher die melancholische und einsame Grundstimmung. Und doch tut sich am Ende ein Hoffnungsschimmer auf und der Archivar kann sich und sein Leben einmal von außen betrachten. Gerade der Schluss stimmt hoffnungsfroh, auch in Bezug auf das, was uns als Gesellschaft gerade anstrengt.
Peter Stamm, Das Archiv der Gefühle, S. Fischer Verlag, 22 Euro