Erzählt wird von Lynette, eine Endzwanzigerin, die mit ihrem Bruder und der Mutter in einem heruntergekommenen Haus am Rande Portlands wohnt. Neben zwei Jobs versucht sie ihren Schulabschluss nachzuholen und endlich einen Platz im Leben zu finden, der sicher ist. Dazu gehört auch, das Angebot ihres Vermieters anzunehmen, das Haus, in dem sie seit Ewigkeiten leben, zu einem guten Preis zu kaufen und dafür arbeitete Lynette hart. Ihre Mutter, die dabei sein muss, um den Kredit zu bekommen, steigt jedoch plötzlich aus. Lynette versucht in einer Nacht, das Geld zusammen zu bekommen und bei dieser ergreifenden Reise durch die Unterwelt Portlands begleiten wir sie.
Vlautin erzählt mit Liebe und Respekt zu seinen Personen, auch zu denen, die unsympathisch handeln. Sie alle sind Opfer der gesellschaftlichen Umstände und versuchen auf ihre Art, das Leben zu meistern. Er hält Amerika quasi den Spiegel vor und zeigt, dass die reine Erfolgsfixiertheit zum Scheitern verurteilt ist in einem System, das Menschen, die ohne Geld im Hintergrund agieren müssen, in Wahrheit keine wirkliche Chance lässt.
Ich bin berührt von den Figuren und vor allem von Lynette. In ihr finden sich all das Gute, das uns Menschen mögen lässt: Empathie, Güte, Freundlichkeit – gepaart mit den Dämonen, die im Untergrund lauern und mit denen Lynette kämpft. Das äußerlich „korrekte“ Leben Lynettes steht neben dem, was in der Nacht passiert und von dem niemand weiß. Diese Parallelität erzeugt höchste Spannung.
Willy Vlautin, Nacht wird es immer, Übersetzung Nikolaus Hansen, Berlin Verlag, 25 Euro