Es werden alle wissen: die Polin Olga Tokarczuk ist mit dem Litertaur-Nobelpreis 2018 ausgezeichnet worden. Nun ist das ja so eine Sache mit Nobelpreisträgerinnen und -trägern: nicht alle Texte sind eingängig oder machen Freude. Das müssen sie auch nicht, aber die ganz „normalen“ Leserinnen und Leser freut es doch, wenn sie die Romane der Ausgezeichneten auch lesen mögen.
Olga Tokarzcuk gehört zu denen, die Romane schreibt, deren Inhalte relevant sind und die sprachlich Freude machen. Natürlich müssen wir in Deutschland auf gute ÜbersetzerInnen hoffen – Doreen Daume hat hier meiner Meinung nach eine tolle Textarbeit geleistet.
„Der Gesang der Fledermäuse“ ist ein Buch, in dem Tokarzcuk die Geschichte einer eigenwilligen, gebildeten und widerborstigen Frau erzählt, Janina Duszejko. Janina lehnt sich auf gegenüber Nachbarn, die ihrer Ansicht nach die Umwelt schädigend behandeln, sie wehrt sich gegen Männer, die in den einsamen Winterzeiten den Hügel an der polnisch-tschechischen Grenze für Verbotenes missbrauchen, sie lehnt sich insgesamt auf gegen die pervertierte Form des „modernen“ Lebens. So ist sie auch immer zur Stelle, wenn wieder jemand ums Leben gekommen ist auf dem Hügel und behauptet, die Tiere nähmen auf diese Weise Rache an den Toten, die in ihrem Leben in irgendeiner Weise ihrerseits am Tod von Tieren beteiligt waren. Zum Beispiel dadurch, dass sie Jäger waren.
Die vielen Toten erzeugen eine eigentümliche Spannung, denn natürlich stellt sich die Frage, wer die denn alle umbringt. Dass sie ermordet wurden, steht außer Frage. Mithilfe einiger Verbündeter bemüht sich die Protagonistin um Aufklärung. Nun zu meinen, hier läge ein Kriminalroman vor, greift zu kurz. Der Versuch der Lösung der Todesfälle gibt nur den Hintergrund für Janinas versponnene, der Astrolgie zugewandten, Weltsicht, die hier ausgebreitet wird. Verhandelt wird die Frage, wie unsere Welt tickt, welche Rolle wir Menschen in ihr einnehmen und auch, ob unser Handeln immer so selbstbestimmt ist, wie wir vorgeben. Mit schrägem Witz begleitet Janina die Morde und in allem liegt eine scharfe Zivilisationskritik – untermauert durch die Mystik des William Blake, der eine wesentliche Rolle in diesem Roman spielt. Das Buch hat mich durch die Versponnenheit einerseits und die schräge Kommunikation und Lebensweise Janinas andererseits fasziniert – es ist eigenwillig geschrieben, das ganze Setting auf diesem Hügel mit den wenigen Menschen und dem Übersetzerfreund Janinas, der stets seinen Blake dabei hat, hat mir eine große Lesefreude bereitet.
Kampa Verlag, 24 Euro