Ijoma Mangold, Das deutsche Krokodil

Rowohlt 2017, 19,95 Euro

„Das deutsche Krokodil“ von Ijoma Mangold – mein aktuelles Lieblingsbuch! Mangold wurde 1971 als Sohn einer deutschen Psychotherapeutin und eines Nigerianers vom Stamme der Igbo in Heidelberg geboren. Er beschreibt, zunächst in der dritten Person, seine Kindheit als „Schwarzer“, später in der Ich – Form seine Jugend und seine Zeit als Erwachsener bis heute. Ijoma Mangold hat einen Trick entwickelt, mit dem er rassistische Reaktionen vermeiden kann: er redet. Er redet, noch bevor sein Gegenüber begriffen hat, wer vor ihm steht. Unter anderem dadurch wird er beispielsweise von seinen (Schul-) Freund*innen gar nicht mehr als Nicht-Weißer wahrgenommen, geschweige denn als Ausländer, der er ohnehin nicht ist. Er lebt und fühlt natürlich als Deutscher, denn hier wurde er geboren und sozialisiert. Wie sehr er deutsch lebt, wird ihm nochmal ganz anders deutlich, als er für zwei Monate in Nigeria die Familie seines Vaters besucht. Dieser meldete sich erstmals bei Mangold, als dieser bereits in München Philosophie und Literaturwissenschaft studiert. Jede Lebensstation wird von Mangold reflektiert, er läßt die Leser*innen teilhaben an einem Leben als Deutscher mit nigerianischen Wurzeln, indem er seine Überlegungen sprachlich herrlich aufschreibt, sich selbst stets in Bezug zu anderen Menschen setzt und überprüft. Gegen Ende des Buches, als Mangold bereits in Berlin lebt, geht es in veränderter Weise nochmals um sein Verhältnis zu seiner Mutter, die ihn allein erzogen und begleitet hat. Herzerweichend wird anhand der Anrede „Mama“ deutlich, dass keine Distanz mehr notwendig ist zur „Mutter“, die einstmals die „Kommunikation“ als das Wichtigste ihrem Sohn mit auf den Weg gegeben hat. Erst spät erkennt der Junge die schützende Hand, die die Mutter über ihn gehalten hat in einer Zeit, in der er manches lästig fand an ihr und sich sicher fühlte mit seinem So-Sein, ohne zu erkennen, dass ihm durch die mütterliche Fürsorge manches erpart geblieben ist. Mangold schätzt kein Detail zu gering, um darin das Ganze zu erkennen und seine Schlüsse daraus zu ziehen. Dennoch gerät er nie ins Schwafeln – jedes Teil ist wichtig in diesem extrem gut „komponierten“ Text über ein Leben von den Siebzigern an bis heute.Vor dem Hintergrund der jetztigen Situation in Deutschland bekommen viele Gedanken und Wahrnehmungen Mangolds natürlich auch noch eine andere Dimension.

Und das sagt der Verlag:
Ijoma Alexander Mangold lautet sein vollständiger Name; er hat dunkle Haut, dunkle Locken. In den siebziger Jahren wächst er in Heidelberg auf. Seine Mutter stammt aus Schlesien, sein Vater ist aus Nigeria nach Deutschland gekommen, um sich zum Facharzt für Kinderchirurgie ausbilden zu lassen. Weil es so verabredet war, geht er nach kurzer Zeit nach Afrika zurück und gründet dort eine neue Familie. Erst zweiundzwanzig Jahre später meldet er sich wieder und bringt Unruhe in die Verhältnisse. Ijoma Mangold, heute einer unserer besten Literaturkritiker, erinnert sich an seine Kindheits- und Jugendjahre. Wie wuchs man als «Mischlingskind» und «Mulatte» in der Bundesrepublik auf? Wie geht man um mit einem abwesenden Vater? Wie verhalten sich Rasse und Klasse zueinander? Und womit fällt man in Deutschland mehr aus dem Rahmen, mit einer dunklen Haut oder mit einer Leidenschaft für Thomas Mann und Richard Wagner? Erzählend beantwortet Mangold diese Lebensfragen, hält er seine Geschichte und deren dramatische Wendungen fest, die Erlebnisse mit seiner deutschen und mit seiner afrikanischen Familie. Und nicht zuletzt seine überraschenden Erfahrungen mit sich selbst.

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